Besuch in der Heimat
Wir sind wieder da. Die Fahrt in den hohen Norden ist echt lang. 944 km, um genau zu sein. Da wir ja mit Hermine unterwegs sind, splitten wir den Weg jetzt immer auf zwei Tage, wodurch wir insgesamt auf vier Reisetage kommen. Wir tun es trotzdem, denn manchmal muss ich Heimat tanken.
Diesmal waren wir für ganze zwei Wochen in Emden, was ich viel entspannter fand, als nur eine Woche dort zu sein. So, hatte ich nicht das Gefühl sämtliche Besuche und Aktivitäten in eine kurze Zeit quetschen zu müssen, sondern konnte etwas flexibler sein. Und für die Großeltern war es natürlich auch toll, dass sie so viel quality time mit ihrer Enkeltochter verbringen konnten. Zum Glück hatte sich das ostfriesische Schmuddelwetter noch zurückgehalten, sodass wir ganz ohne Regenjacke und Schirm auskamen.
Das Haus meiner Eltern mit dem wilden Garten am Kanal ist für mich wie eine kleine Oase der Ruhe. Hier kann ich mir eine Auszeit vom Großstadtalltag nehmen. Hier ticken die Uhren langsamer und der Wahnsinn der Welt spielt sich weit weg ab. Diese Idylle empfinde ich wahrscheinlich nur, weil in Emden im Vergleich zu Brünn nicht viel los ist 😃. Außerdem ist es ja ein bekanntes Phänomen, dass die Herkunftsstadt immer attraktiver wird, je länger man nicht mehr dort wohnt.
Vor unserer Abfahrt aus Brünn hab ich mal aus Neugierde bei Google „Veranstaltungen für Kleinkinder Emden“ eingegeben. Das Ergebnis war ein Event im September nächsten Jahres für Kinder ab sechs. Und nicht in Emden, sondern einer Stadt in der Nähe. Aber manchmal brauche ich eben genau das. Statt mit wildfremden Muttis und Babys in einem überhitzten Theatersaal in Brünn (bei uns gibt es wirklich viele Events für Babys und Kleinkinder) zu sitzen, halte ich hier ein Pläuschen mit der alten Nachbarin meiner Oma, die mich von kleinauf kennt, bringe den ausgebüxten Golden Retriever, der von Spaziergängern eingefangen und in unseren Garten gesperrt wurde, zurück zu seiner Besitzerin und begegne meiner alten Gymnasiallehrerin auf dem Fahrrad.
Aber Selbstverständlich sind meine Eltern und Schwester der Grund, wieso ich so oft nach Hause fahre. Sie umsorgen uns wie Kinder und machen es uns rundum schön. So mit Feuer im Kamin und Tee und Keksen aufm Sofa. On top nehmen sie uns auch noch so oft es geht Hermine ab, sodass wir mal unser Ding drehen können.
Ich glaube, wenn man im Ausland lebt und ein Kind bekommt, werden einem die Besuche in der Heimat plötzlich wichtiger. Schließlich steckt in Hermine nicht nur eine tschechische Prinzessin, sondern auch eine kleine Ostfriesin. Und so haben wir Ostfriesentee bei Oma getrunken und Zeit mit anderen Familienmitgliedern verbracht. Wir waren einen Tag bei meiner Schwester zu Besuch und haben auch meine Oma, Cousine, Tanten und Onkel getroffen. Sogar eine liebe Freundin meiner Mutter, die ich selbst noch aus Kindertagen kenne, kam vorbei, um Hermine kennenzulernen. Richtig schön!
Und da wir zufällig über Martini in Emden waren, wollte meine Mutter unbedingt mit Hermine Martini laufen (eine nordwestdeutsche Tradition), obwohl die Kleine weder singen kann noch Süßigkeiten essen darf. Trotzdem wurde eine Laterne für sie gebastelt, ihr ein Täschchen um den Hals gehängt und los ging’s bei Einbruch der Dunkelheit. Da meine Eltern in einem „älteren“ Viertel mit wenig bis keinen Kindern wohnen, waren wir die einzigen, die durch die Straßen zogen. Umso mehr haben sich die Nachbarn gefreut, denn die waren voller Hoffnung, dieses Jahr endlich mal die extra dafür gekauften Süßigkeiten ans Kind bringen zu können. Wir haben dann ein paar Nachbarn abgeklappert, die Früchte in ihr Beutelchen steckten, weil sie wussten, dass Hermine kein Süßes isst. Das fand ich wiederum sehr süß.
Ansonsten haben meine Mama und ich einen Adventskalender für Hermine gebastelt, wir haben Handabdrücke in Salzteig gemacht, Kekse gebacken und anderen Mutter-Tochter-Enkelin-Kram gemacht. Jetzt ist mein Heimat-Tank wieder randvoll und ich freu mich wieder auf den Alltag zu dritt in unserer kleinen, aber feinen Großstadtwohnung.
Jan war übrigens auch mit, aber der hat die erste Woche Home Office gemacht und in der zweiten war er auf Dienstreise 🙂.