Unerfüllter Kinderwunsch: Wie alles begann
Ich habe lange überlegt, ob ich wirklich über unsere Kinderwunschzeit schreiben soll, denn sie war eine dunkle Zeit, ja, ich kann mit Fug und Recht behaupten, die dunkelste meines Lebens. Gefühlt mussten die Leute um uns herum nur mit dem Finger schnipsen und wurden schwanger, nur bei uns wollte es einfach nicht klappen. Ich schreibe über unsere Kinderwunschzeit, um allen Paaren, die ebenfalls mit Unfruchtbarkeit kämpfen, Mut zu machen. Ihr seid nicht allein. Und vor allem: Gebt nicht auf, kämpfen lohnt sich!
Es ist 2013. Ich warte auf meinen Flug in die USA, wo mein Freund ein Auslandssemester verbringt. Ich stehe in der Schlange zum Check-in und bekomme das Gespräch von den beiden Frauen vor mir mit. Die eine erzählt der anderen von ihrer Freundin, die schon jahrelang versuche schwanger zu werden, die mehrere erfolglose künstliche Befruchtungen hinter sich habe und die jetzt auf der Warteliste für Adoption stehe... blablabla, und wie leid sie ihr täte. In dem Moment dachte ich nur „die arme Frau, ich hoffe, dass meine Freundinnen irgendwann nicht so über mich reden werden.“
2018 haben mein Freund und ich (33 und 35) geheiratet und wollten danach mit der Familiengründung starten. Während aus unserem Freundeskreis eine freudige Schwangerschaftsverkündung nach der nächsten eintrudelte, tat sich bei uns nichts. Am Anfang ging ich noch recht locker an die Sache heran. Es heißt ja schließlich eine Schwangerschaft kann schon mal sechs Monate auf sich warten lassen, und die Zweisamkeit als frisch verheiratetes Paar fanden wir auch sehr schön. Die sechs Monate zogen ins Land, dann sieben, acht usw.
Dann kam unsere Reise nach Chile. Auf dem Flughafen stellen wir uns zum Check-In an. Da wird mir plötzlich mit einem Schlag bewusst: Ich bin die Frau, über die die Freundinnen damals auf dem Flughafen in der Warteschlange geredet hatten. Ich bin die verzweifelte Freundin, bei der es mit dem Schwangerwerden einfach nicht klappt. Zwischen dieser Erinnerung und der traurigen Erkenntnis auf dem Weg nach Südamerika lagen 5 Jahre. Ich hätte niemals gedacht, dass ich eine von diesen Frauen sein werde, die sich verzweifelt ein Baby wünschen, sowas hört man doch immer nur von anderen. Heute weiß ich, dass fast jedes zehnte Paar, das sich ein Kind wünscht, mit Unfruchtbarkeit kämpft.
Jetzt machte ich mir Gedanken, irgendetwas stimmte hier nicht. Nach dem Urlaub beschlossen wir, uns in einer Kinderwunschklinik durchchecken zu lassen. Die Diagnose „unfruchtbar“ zog uns erstmal den Boden unter den Füßen weg. Der Traum von einer kleinen Familie wie eine Seifenblase geplatzt.
Doch auf der anderen Seite war es auch eine Erleichterung endlich Gewissheit zu haben. Neben so vielen anderen Emotionen, die diese Hiobsbotschaft in mir auslöste, fühlte es sich an, als ob eine Last von mir abfallen würde. Wir fuhren nach Kroatien, einfach raus aus dem Alltag, der mittlerweile überschattet von diesem einzigen Thema war. Unwissend unfruchtbar zu sein ist unfassbar anstrengend, frustrierend, zermürbend. Jeden Monat aufs neue die Hoffnung. Vielleicht hat es ja diesmal geklappt? Hier ein Ziepen, dort ein Zwacken, ein Ziehen im Unterleib um den Einnistungstag herum, und rieche ich nicht auch besser? Nur um dann am Ende des Zyklus wieder einen negativen Test in den Händen zu halten. Es war so unglaublich unfair. Es zerrte nicht nur an uns beiden individuell, sondern auch als Paar.
In Kroatien schafften wir es tatsächlich abzuschalten. Es war wie es war. Wir konnten ja eh nichts dran ändern. Doch wir durften auch hoffen, dass unser Traum von einem Baby doch in Erfüllung gehen würde, denn in der Kiwu-Klinik hatte man uns gesagt, dass unsere Chancen mit künstlicher Befruchtung gut stünden. Mit diesem Hoffnungsschimmer konnten wir die Sonne und das kristallklare Meer genießen. Unser Plan war, nach unserem Urlaub mit dem ersten IVF-Versuch zu starten.